Was macht die Familie? Wie
ein Vater die Stadt erleben kann
Ohne
Kinder wäre diese Stadt erwachsener, stiller. Vermutlich sogar
friedlicher. Bevor wir das Trampolin in unserem Innenhofgarten
aufgestellt hatten, war die Hausgemeinschaft mehrheitlich damit
einverstanden. Jetzt ist die Atmosphäre irgendwie angespannt. Unser
Hausverwalter lud zu einer außerordentlichen Eigentümerversammlung
im Garten ein. Etwa ein Dutzend Bewohner erschien zu einem klärenden
Gespräch. Gewichtige Fragen, über die sich die Eltern (uns
eingeschlossen) keine Gedanken gemacht hatten, als sie das Trampolin
gekauft und aufgestellt hatten, wurden erörtert: Stellt das
Trampolin eine bauliche Veränderung der Gartenanlage dar? Welche
wechselnden Standorte kommen infrage, um die Belastungen für die
Hausbewohner möglichst gerecht zu verteilen? Müssen die Eltern das
Spielgerät ständig beaufsichtigen? Der Verwalter verteilte Kopien
mit einschlägigen Gerichtsurteilen.
Eine
Anwohnerin verwies auf die Verkehrssicherungspflicht und den
Haftungsausschluss für die Eigentümergemeinschaft gemäß der
„Trampolinentscheidung“ des Bundesgerichtshofs (VI ZR 223/07,
Urteil vom 3.6.2008).
Während
die anwesenden Erwachsenen Argumente wogen, hüpften nebenan unsere
Kinder auf dem neuen Spielgerät, damit die Versammlung sich einen
Eindruck von der Lärmimmission des Vergnügens verschaffen konnte.
Der in normaler Gesprächslautstärke und ohne richterliche Hilfe
erzielte Kompromiss sieht nunmehr feste Nutzungs- und Ruhezeiten vor.
Hüpfverbot täglich von 13 bis 15 Uhr, und am Wochenende dürfen
Kinder den Innenhof erst ab 11 Uhr betreten.
Unsere
Hausfriedensvereinbarung sieht jetzt strengere Regeln vor als das
Landesimmissionsgesetz, das erst vor zwei Jahren zugunsten des
Kinderlärms liberalisiert wurde. Darin heißt es: „Störende
Geräusche, die von Kindern ausgehen, sind als Ausdruck
selbstverständlicher kindlicher Entfaltung und zur Erhaltung
kindgerechter Entwicklungsmöglichkeiten grundsätzlich sozialadäquat
und damit zumutbar.“
Es
gilt aber anzuerkennen, dass Großstadtbewohner gerade zu Hause ein
ausgeprägtes Ruhebedürfnis und ein Recht darauf haben, sich vom
lärmenden Betrieb draußen erholen zu können. Als Vater einer
sechs- und einer zehnjährigen Tochter habe ich dafür großes
Verständnis: In unserer Wohnung ist nur Ruhe, wenn die Kinder
schlafen.
Inzwischen
haben Kinder ja ohnehin kaum noch Zeit zum freien Lärmen, dank ihrer
Vollbeschäftigung in ganztagsbetreuten Kitas und Schulen, in
Sportvereinen, Musikstunden und etlichen Pflichtterminen mehr. Nur
die Ferien bleiben ein Problem. Zwar verreisen viele Kinder mit ihren
Eltern, aber die übrigen können dafür umso mehr nerven. Hier
müsste der Senat was für den Lärmschutz tun: Wie wäre es mit
einem großen Sommercamp, einem Zeltlager draußen vor der Stadt,
irgendwo in der Nähe vom Flughafen Schönefeld, wo sie niemanden
stören, die kleinen Krachmacher? | Stephan
Wiehler
Innere Ruhe finden Sie im Buddhistischen Meditationszentrum Lotus Vihara, Neue Blumenstraße 5 in Mitte (U-Bhf. Schillingstraße). Jeden Sonntag ab 18 Uhr gibt es eine Einführung für Anfänger. Infos unter www.lotus-vihara.de
Innere Ruhe finden Sie im Buddhistischen Meditationszentrum Lotus Vihara, Neue Blumenstraße 5 in Mitte (U-Bhf. Schillingstraße). Jeden Sonntag ab 18 Uhr gibt es eine Einführung für Anfänger. Infos unter www.lotus-vihara.de
Dieser Beitrag im Tagesspiegel vom 1. Juli 2013
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