Freitag, 2. August 2013

Macht nix

Ach, liebe Leserinnen und Leser, wie man’s macht, macht man’s verkehrt. Besonders, wenn es um die Macht geht. Denn wer die Macht hat, kann es niemandem recht machen. Macht nix, das kann sich allenfalls Angela Merkel sagen. An der Bundeskanzlerin prallen Affären ebenso ab wie Kanzlerkandidaten. NSA-Skandal, Eurohawk-Desaster, Steinbrück – keine ernsthaften Gefahren für die Teflonpfanne im Hosenanzug. Eine Mehrheit der Wähler weiß das offenbar zu schätzen. Aber so standhaft und erfolgreich wie die Pastorentochter aus Templin trotzen nur wenige Spitzenpolitiker der Realität. Wir haben uns mal ganz willkürlich ein paar Beispiele herausgegriffen.

MATTHIAS PLATZECK
Der Realität trotzen. Wer meint, mindestens das hat man in der DDR gelernt, sieht sich getäuscht. Brandenburgs Ministerpräsident gibt sein Amt mit Rücksicht auf die eigene Gesundheit auf. Platzeck konnte einfach alles: Ihm gehorchte das Hochwasser, kurze Zeit sogar die Bundes-SPD. Flughafen retten, den linken Koalitionspartner entzaubern, einmal im Jahr jedem im Land die Hand schütteln und ihm zuhören, wo der Schuh drückt, das geht an die Substanz. Mit unter 80 Wochenstunden Arbeitszeit ist der Landesvater „mit Lust und Leidenschaft“ für Platzeck nicht vorstellbar – und für seine Ärzte nicht länger verantwortbar.

KLAUS WOWEREIT
Von Berlins Regierendem Bürgermeister hätte Platzeck frühzeitig lernen können, wie man Überstunden auf angenehme Weise anhäuft, indem man die Nächte durchregiert. Hier mal eine Modemesse eröffnen, dort Bussifeste bei Udo Walz, dazu ein paar Gläser Champagner, so fällt das lange Warten auf den Hauptstadtflughafen leicht. Lust zum Regieren hat Wowereit trotzdem nicht mehr. Aber in der SPD will’s ja sonst keiner machen.

FRANK HENKEL
Als Oppositionsführer empfahl sich der CDU-Innenexperte als Law-and-Order-Mann, als Innensenator verstolperte er sich fast in einer V-Mann-Affäre. Und wurde schmallippig. Der Senatsvizechef ist inzwischen so still geworden, dass er Regierender werden könnte, ohne dass die Berliner es überhaupt bemerken.

CHRISTIAN STRÖBELE
Der 74-jährige Kreuzberg-Friedrichshainer Direktkandidat der Grünen will wohl höchstens noch Alterspräsident des Bundestages werden. Dabei weiß der Mann so viel. Sollte Ströbele in einer rot-grünen Regierung jemals was zu sagen bekommen, so ist hinter vorgehaltener Hand aus Geheimdienstkreisen zu hören, würden viele deutsche Agenten gleich ganz zu befreundeten Diensten überlaufen.


Erschienen im Tagesspiegel vom 03.08.2013, MEHR BERLIN

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